9. Prom


Schließlich war Freitag, der Tag des Balls. Den gesamten Tag schon hatte July mir in den Ohren gehangen wie sehr sie sich freute, wie gut sie sich vorbereitet hatte, aber wie wenig Zeit sie doch nur hatte.
Ich lauschte ihren Worten, aber sie weckte kaum mein Interesse. Klar, dass würde mein erster Ball werden, aber auch ein Ball war nur eine Schulveranstaltung. Wahrscheinlich in der Sporthalle, ein paar bunte Bänder an den Wänden, Musik und eine halbwegs lustlose Menge tanzender Schüler. Abgestandenes Essen und Getränke. Alles in Allem sicherlich ganz nett, aber nichts besonderes. Zumindest nicht für mich, für July war das ein ganz anderes Thema.
Ihre Garderobe war unglaublich groß und sie hatte sicherlich vier Kleider die sie hätte anziehen können, aber nein. July hatte ihre Eltern dazu gebracht ihr neun neue Kleider zu kaufen. Neun! Sie hatte ein halbes Vermögen bezahlt, aber das war ihr ziemlich egal. Ihre Eltern überhäuften sie mit Geld, deshalb hatte sie eine andere Definition von 'Vermögen' als ich. 
Viel konnte man hier auf dem Campus eigentlich nicht kaufen, genau genommen nur Essen und Trinken, aber alle Eltern wussten, dass wir untereinander Geschäfte machten und sie schickten immer mal wieder Kleidung oder sonstiges an ihre Kinder. 
Kinder wie July schafften es irgendwie immer über E-Mails oder SMS oder sonst wie, ihre Eltern dazu zu bewegen beinahe wöchentlich neue Pakete zu bekommen. Manche für sich selbst, so wie July, manche um die Sachen weiter zu verkaufen unter den Schülern.
Im Moment war ich bei July und sah mir jedes ihrer Kleider an. Sie wollte meine Meinung wissen und sich dann gemeinsam mit mir vorbereiten.
„Was denkst du?“
„Es ist schön July, genauso wie die anderen. Du könntest sie alle tragen, dir steht einfach alles“, lachte ich. 
„Danke“, lächelte sie und wurde ein wenig rot.
Sie drehte sich von mir weg und betrachtete sich selbst in ihrem Spiegel. Es war ein Ganzkörperspiegel, sodass sie sich von oben bis unten betrachten konnte. Dann drehte sie sich wieder zu mir um und sah mit nachdenklicher Miene auf mich und all die Kleider um mich herum. Ich saß auf ihrem Bett und ein Kleid nach dem anderen hatte sie zu mir geworfen, so das alles um mich herum aus Tüll und Seide bestand.
„Also? Welches nimmst du?“, fragte ich.
Ich mochte July, wirklich, aber die Entscheidung über ein Kleid zu fällen und das seit über zwei Stunden, dass war einfach zu viel und ich war mehr als genervt.
„Ich weiß nicht, entweder das orangefarbene oder das violette. Oder doch das hellblaue? Was denkst du?“, fragte sie mich.
Ich überlegte und stellte mir July noch einmal in all den Kleidern vor. Ich fand am Besten hatte ihr das violette gestanden. Die dunkle Farbe machte ihre etwas blassere Haut und ihr blondes Haar noch auffälliger, aber auf eine gute Art und Weise. Würde man jetzt noch ihre Augen betonen, würde einem das Blau sofort anspringen und sie wäre perfekt.
„Das violette“, entschied ich also. „Damit sieht deine Haut wie Alabaster aus und deine Haare kommen super zur Geltung. Wir haben hier so viele Blondinen, da musst du raus stechen.“
Sie grinste. July beschwerte sich immer darüber, dass sie in dem Meer aus blond unterging und neidisch auf meine dunkle Mähne war. Ich fand blond viel besonderer, ihr Haar schimmerte in der Sonne, als wäre es flüssiges Gold. Mein Haar war braun, immer und überall, außer in der Nacht, da wirkte es schwarz.
„Dann das violette“, freute sie sich. 
Sie nahm sich das Kleid vom Bett und ging wieder in ihr Badezimmer, um sich umzuziehen. 
„Das in der blauen Hülle ist übrigens für dich“, rief sie durch die Tür.
Hmm? Blaue Hülle. Verwundert sah ich auf die geschlossene Tür. Sinnloser Weise, zugegeben. Fragend sah ich mich im Raum nach einer blauen Hülle um, aber ich fand keine.
„Äh, July wo genau -?“
„In meinem Schrank“, unterbrach sie meine Frage.
Ich stand von ihrem Bett auf und öffnete ihren Kleiderschrank. Auf der Stange hing eine dunkelblaue Kleiderhülle, die ich nun hervor holte. Langsam öffnete ich den Reißverschluss und sah ins Innere der Hülle. 
„Wow“, hauchte ich.
Meine Hand fuhr wie automatisch in die Hülle und berührte den Stoff. Er fühlte sich unglaublich weich und edel an. Und vor allem teuer!
„Gefällt es dir?“, fragte July plötzlich hinter mir.
Ich hatte gar nicht mitbekommen wie sie wieder in den Raum gekommen war und fuhr erschrocken herum. Breit grinsend stand sie hinter mir.
„Es ist wunderschön“, strahlte ich.
Auch Julys Gesicht strahlte und sie lächelte fröhlich. Schnell legte meine Arme um sie.
„Danke, Danke, Danke“, wiederholte ich immer wieder.
„Gern geschehen“, lachte July in meine Schulter.
„Aber ich zahle es dir zurück“, bestimmte ich und sah sie ernst an.
„Nein, kommt gar nicht in Frage!“, wehrte July wütend ab. „Das ist ein Geschenk und wenn du mir Geld gibst, dann bin ich zutiefst beleidigt und wir sind keine Freundinnen mehr, klar?“
Julys Gesicht wurde zu einer Maske des Zorn und unbändiger Entschlossenheit. Es hätte mich nicht gewundert, wenn sie nochmal mit dem Fuß aufgestampft hätte, um ihren Punkt klar zu machen oder ihr Rauch aus den Ohren gekommen wäre.
„Sieh es als Willkommen zurück Geschenk an“, schlug July vor. „Oder als Danke, dass ich jetzt wieder ein Mädchen als Freundin habe.“ 
Sie sah mich ein wenig verlegen an. Seit ich wieder hier war, klebte July wirklich beinahe an mir. Natürlich hatte sie auch Freunde unter den anderen Mädchen, aber ihr fehlte die gewisse Beste Freundin, der man einfach Sachen erzählte, die andere nicht erfahren sollten. Und diese Sachen wollte und konnte sie auch schlecht Jayden oder Mike erzählen.
„Danke“, gab ich mich geschlagen.
Wir lächelten uns beide an und ich umarmte sie erneut. Lachend drückte July mich von sich und ging hinüber zu ihrem Schrank. Sie hob die Kleiderhülle auf und holte das Kleid ganz hervor. Dann drückte sie mir es in die Hände.
„Los, zieh es an“, lächelte sie.
Ohne ein weiteres Wort begab ich mich in ihr Badezimmer und zog mich um. 
Das Kleid war wirklich schön. Es war ein sehr dunkles Blutrot und klebte schon beinahe an mir, wie eine zweite Haut. Das Kleid ging mir bis ungefähr der Hälfte meiner Oberschenkel, vielleicht etwas tiefer. Meine Beine sahen in dem Kleid dadurch unwahrscheinlich lang aus. Für einen Momenten legte ich die Stirn in Falten. Es war nicht so, dass meine Beine schlecht aussahen, denn das taten sie nicht, seit langem sahen sie mal wieder normal aus. Aber es war einfach komisch wie so in Szene zu setzten. Das machte wenig Sinn, so zu denken, da ich auch in kurzen Sporthosen herum lief, aber irgendwie war dieses Kleid etwas ganz anderes. Dennoch fühlte es sich gut auf der Haut und ummantelte mich so, dass ich mich gut fühlte. Das Kleid hatte dünne Spaghetti träger. Der Stoff war, wie sollte man das beschreiben? Etwas aufgerafft, so dass das Kleid zwar wie eine zweite Haut war, aber nicht glatt. 
Ich verließ das kleine Badezimmer und präsentierte mich July. Sie grinste zufrieden und ihre Augen leuchteten.
„Du siehst verdammt gut aus“, triumphierte sie.
Ich bedankte mich im Laufe des Spätnachmittags noch hunderte Male bei July für das Kleid und sie war ziemlich schnell genervt von mir; nicht das mich das abhielt. Gemeinsam lackierten wir Fuß- und Fingernägel, dann machten wir uns gegenseitig die Haare – wobei wir beide mehrere Frisuren ausprobierten – und zum Schluss das Make-Up. 
Die Endergebnisse konnten sich wirklich sehen lassen. 
July hatte eine Hochsteckfrisur mit kleinen silbernen Spangen, die glitzerten und funkelten bei jeder ihrer Bewegungen. Dazu hatte ich ihre Augen schwarz umrandet, so dass das blau ihrer Augen hervor stach. Dann etwas lila Lidschatten, der in ein leichtes rosa überging. Zusammen mit ihrem wirklich fantastischem Mascara wirkten ihre Augen nun doppelt so groß wie vorher. Zu ihrem violetten Kleid trug sie einfache schwarze High-Heels.
July hatte meine Haare offen gelassen und nur ein paar Strähnen an meinem Kopf befestigt, damit sie mir im Laufe des Abends nicht ständig ins Gesicht fallen würden. So fielen mir meine Haare in großen Wellen den Rücken hinab. Sie hatte meine Augen ebenfalls schwarz umrandet, aber mehr nicht, ich trug keinen Lidschatten. July hatte mir ebenfalls lange Wimpern gezaubert, die nun meine blauen Augen umrandeten. Ich trug ebenfalls schwarze High-Heels mit einem Riemen um den Knöchel und einem Loch vorne für die Zehen. Peeptoe. 
Alles in allem sahen wir beide wirklich toll aus, so eingebildet das auch klingen mag. 
Ich hätte nie gedacht, dass wir für all das wirklich den ganzen Nachmittag benötigen würden, aber wir hatten tatsächlich nur noch vier Minuten übrig, als wir fertig waren. July beschloss diese Zeit sinnvoll zu nutzen und ein paar Fotos von uns zu schießen. 
Wenig später klopfte es an der Tür und Jayden und Mike waren da.
„Komme“, rief July und öffnete schwungvoll die Tür.
„Wow“, meinte Mike nur.
Er schien seine Kinnlade gar nicht mehr heben zu können. Seine Augen weiteten sich und er betrachtete July von Kopf bis Fuß, wobei seine Augen eine ziemliche Weile sowohl an Beinen, als auch ihrer Brust halt machten.
„Du siehst toll aus“, lächelte Jayden, der seine Augen weitaus besser unter Kontrolle hatte.
Er klopfte Mike einmal hart auf die Schulter, sodass dieser wieder aus seiner Trance erwachte.
„Danke“, strahlte July. „Kommt rein.“
„Äh, wollen wir nicht lieber gleich los?“, fragte Jayden verdattert.
„Ich möchte noch ein paar Fotos machen“, lächelte July und die beiden traten ein.
Mike und Jayden hatten beide tatsächlich Anzüge an. Beide schwarz und wirklich schick. Ich habe die beiden noch nie so ordentlich gesehen. Beide hatten sie ihre typischen Frisuren, damit sie noch etwas von ihrem „Coolness“-Faktor behielten. Der einzige Unterschied zwischen den beiden war, dass zum einen Mike ein weißes und Jayden ein schwarzes Hemd trug, und zum anderen Mike eine Fliege und Jayden eine Krawatte trug.
„Ihr seht toll aus Jungs“, lächelte ich.
„Heilige Scheiße“, zischte Mike als er mich sah.
„Entschuldige?“, lachte ich auf.
Mike kam aus dem Staunen nicht mehr raus. Er versuchte nicht mal zu verstecken, dass er mich gerade mit seinen Augen auszog. Mehrere Male betrachtete er mich von oben bis unten, immer wieder. Er sagte kein Wort, starrte einfach nur. Ich fühlte mich nicht unbedingt unwohl, da ich Mike schon so lange kannte, aber sein Blick ließ mich mich wie ein Stück Fleisch fühlen und dieses Gefühl war nicht gerade ein angenehmes.
„Du siehst ...“, begann Jayden und suchte nach einem passenden Wort.
„Ja?“, fragte July breit grinsend hinter den beiden.
„Heiß aus“, entschloss Jayden schließlich und grinste süffisant.
„Danke“, lächelte ich.
„Okay, ihr zwei zuerst“, entschied July.
Sie stolzierte zu ihrer Kamera und positionierte mich und Jayden vor ihrem Fenster. Er legte einen Arm um meine Hüften und lächelte July an. Ich tat es ihm gleich. Dasselbe dann noch mal mit Mike. Dann Mike und July, und Jayden und July. Und dann die zwei Jungs mit July, dann die Jungs mit mir, und dann nochmal die Jungs mit uns Mädchen links und rechts. Zu guter Letzt wir alle beisammen und endlich machten wir uns auf den Weg.
Wie nicht anders zu erwarten, fand alles in der großen Sporthalle statt. Aber ich musste zugeben, dass die Dekorationen sie kaum wieder erkennen ließ. Es sah gut aus. Musik dröhnte aus großen Lautsprechern und da die Fotos längere Zeit in Anspruch genommen hatten als geplant, kamen wir vier alle etwas zu spät. Aber so waren schon Schüler am Buffet, an den Tischen und auf der Tanzfläche. Alles war schon in vollem Gange und dieser Gedanke ließ mich grinsen. Ich hasste es, wenn anfangs nur alle blöd rumstanden.
Breit grinsend drehte ich mich zu Jayden neben mir, der seinen Arm locker um meine Schultern gelegt hatte.
„Du. Ich. Tanzen“, verkündete ich und zog ihn mit mir auf die Tanzfläche.
Er antwortete nicht, lachte stattdessen nur und ergriff meine Hand, während wir gemeinsam auf die Tanzfläche zugingen. Ich kannte das Lied nicht das gerade spielte, aber es hatte einen eingängigen Rhythmus, zu dem man die Hüften einfach bewegen konnte. Jayden legte seine Hände also an meine Hüften und ich verschränkte die Arme hinter seinem Nacken. Wir bewegten uns vollkommen synchron zur Musik und es machte Spaß mit ihm zu tanzen. Um uns herum hörten wir beide sehr wohl das Getuschel und immer wieder unsere Namen, aber wir beide konnten nur darüber lachen. Ich fühlte mich an diesem Abend, mit Jayden gemeinsam hier, einfach nur wohl. Ich fühlte mich sicher in seinen Armen und hatte einfach Spaß. Der Rest war mir egal.
Keine Ahnung wie lange Jayden und ich tanzten, aber irgendwann gingen wir zu den Getränken und Mike und July gesellten sich wie automatisch zu uns.
„Hey, ihr solltet auch tanzen“, schlug Jayden vor, während er mir einen Becher mit roter Flüssigkeit gab.
„Danke“, lächelte ich ihn an.
Er lächelte zurück und dann sahen wir beide zu Mike und July. Die beiden standen mit einigem Abstand zu einander und wichen den Blicken des jeweils anderen aus.
„Alles in Ordnung?“, fragte ich.
„Ja, ja, ich gehe mal zu Caroline“, meinte July.
Sie winkte kurz und stolzierte dann durch den Raum auf ein Mädchen mit braunem Haar zu, in einem olivfarbenem Kleid. Mike sah ihr nicht einmal nach, er füllte sich stattdessen seinen Becher auf und sah ins Leere.
„Alles klar, man?“, fragte Jayden.
„Alles bestens“, zischte Mike und machte auf dem Absatz kehrt.
Verständnislos sahen wir beide Mike hinterher. Irgendetwas musste mit ihm und July passiert sein, gar keine Frage, aber was? Und vor allem in der kurzen Zeit? Was war passiert?
„Was mag zwischen den beiden vorgefallen sein?“, sprach Jayden meine Gedanken aus.
„Habe ich mich auch gerade gefragt“, antwortete ich schulterzuckend.
Wir beide machten uns unsere jeweiligen Gedanken über Mike und July, kamen aber anscheinend keiner zu einer Lösung. Den Rest des Abends verbrachten wir dann also zu zweit und nicht mehr zu viert, wie eigentlich geplant. 
Von Zeit zu Zeit kamen immer mal wieder ein paar unserer Klassenkameraden und unterhielten sich mit uns. Ein paar waren auch aus dem Unterricht von Mr Kelliger und fragten nach, was da lief zwischen Mike und Nathan, oder Sam und mir. Aber Jayden merkte wie unangenehm mir das Thema war und er lenkte das Gespräch immer wieder auf irgendein anderes Thema. Jedes Mal lächelte ich ihn dankbar an und er grinste nur.
„Hey Rose.“
Jayden und ich unterhielten uns gerade mit Sophia und Benjamin über alles, was ich in den letzten Jahren so verpasst hatte, als Liliana und Annabell kamen. Beide hatten sie einen Jungen am Arm, aber ich hatte beide noch nie gesehen. Als die vier jedoch zu uns rüber kamen, verkrampfte sich Jayden ein wenig und Sophia und Benjamin suchten schnell das Weite. 
Ich verstand nicht weshalb, da Liliana und Annabell zu meiner Zeit eigentlich recht nette Mädchen gewesen waren, allerdings war das auch fünf Jahre her.
Liliana war groß, sehr groß, mindestens 1,85m und dazu trug sie auch noch High-Heels mit denen sie die 1,90m locker überragte und jeder zu ihr aufsehen musste. Durch ihre langen haselnussbraunen Haare streckte sich ihr Körper sogar noch mehr, sah aber wirklich toll mit dem hellgrünen Kleid aus. Ihr Glück war, dass ihr Begleiter um die  zwei Meter groß war und er sie immer noch überragte. Er hatte aschblondes Haar und graue Augen. 
Annabell war ebenfalls groß, vielleicht 1,80m mit ihren Schuhen, die allerdings nur einen kleinen Absatz besaßen. Sie trug ein schwarzes Kleid, mit viel rot dazwischen und viel Spitze und Tüll, dazu über all Nieten und Ketten. Ihre braunen Haare waren hochgesteckt und ihre roten Strähnen sahen aus wie gemalt. Ihr Partner schaffte auch locker die zwei Meter Marke. Seine schwarzen Haare waren gegelt und seine blauen Augen stachen umso mehr heraus, da die Haare nicht mehr im Gesicht hingen.
„Hey, Lily“, begrüßte ich sie.
Sie und Anna lächelten mich beide an, aber irgendetwas kam mir daran nicht richtig vor, irgendetwas an diesen Lächeln war einfach falsch und ich bekam ein schlechtes Gefühl. 
„Schön, dich wieder hier zu haben“, grinste Anna.
Ein Schauder lief mir über den Rücken bei dem Klang ihrer Stimme und wich kaum merklich einen Schritt zurück. Ich spürte wie Jayden einen Arm um meine Hüften schlang und sich näher an mich heran stellte. In diesem Moment lehnte ich mich auch an ihn und wünschte mir, ich könnte mich einfach an seiner Brust verkriechen und die anderen würden verschwinden.
„Danke“, meinte ich vorsichtig.
Irgendwo hatte ich das schlechte Gefühl, dass ich dieses Gespräch nicht führen wollte.
„Also, du und Jayden, hmm?“, grinste Lily.
„Na ja, nach dem Nate dich abserviert hat und nun mit Emely zusammen ist.“
Wartet mal, was? Sie dachten ich sei mit Jayden zusammen? Nicht das das so absurd wäre, aber wie kamen sie darauf? Benahmen wir uns wie ein Pärchen? Und selbst wenn, wieso hatte das dann sofort wieder etwas mit Nathan und Emely zu tun?
„Deiner besten Freundin“, sah Lily mich bedeutend an.
„Ex besten Freundin“, widersprach Anna schamlos grinsend.
Unweigerlich wich ich einen Stück zurück, es war als hätte sie mir mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen. Der Effekt wäre derselbe gewesen: Ein stechender Schmerz.
„Genug“, zischte Jayden dazwischen.
Er bemerkte mein Unbehagen und wie sehr mich nur das Wort „Ex“ verletzte. Also schlang Jayden auch seinen anderen Arm um mich, so das ich in seinen Armen dastand. Es machte mir nichts, ich fühlte mich geborgen und beschützt. Ich war froh nicht allein zu sein, sondern ihn bei mir zu wissen. Es schmerzte mich nicht, dass Nathan und Emely zusammen waren, aber dennoch durchzuckte mich immer wieder ein Funken Schuld, wenn ich ihre Namen hörte. 
„Ach? Kommt dein Held dir zur Rettung?“, fragte Anna spöttisch.
„Sag mal Jayden ist das eine Art Rache an Nathan, weil er -“
„Nein!“, knurrte Jayden.
Lily und Anna lachten auf und ihre Begleiter grinsten breit.
„Natürlich, so sieht es aus“, meinte Lily sarkastisch.
Sofort fragte ich mich wieder was damals passiert war. Was war zwischen Jayden, Mike und Nathan vorgefallen? Doch bevor ich nachfragen konnte, rückte Jayden mich herum und ging eiligen Schrittes davon. Er verstärkte seinen Griff um meine Hüften und drückte mich mit ihm gemeinsam vorwärts. Zu erstaunt um zu protestieren, stolperte ich mit ihm aus der Turnhalle; raus an die frische Luft. Hinter uns hörte man das Gelächter. Fragend drehte ich mich um, was war nur aus diesen zwei wirklich netten Mädchen geworden? Doch gerade als ich mich wieder umdrehte, hatte ich meine Antwort, als Melanie auf die beiden zuging und sie sich wissend angrinsten und mir hinterher sahen.
Draußen ließ Jayden den Arm um meine Hüften fallen, ging ein paar Schritte weiter und raufte sich frustriert das Haar. Er ging auf und ab, immer und immer wieder. Anfangs überlegte ich ihn anzusprechen, ihn zu fragen was los war, aber ich entschied mich dagegen. Geduldig wartete ich darauf, dass Jayden aufhören würde hin und her zu gehen und schließlich blieb er stehen. Seine Schultern zitterten er ließ sie beinahe ergeben hängen. Er atmete tief ein, wobei sein Atem allerdings stotterte und fuhr sich noch einmal mit der Hand durchs Haar. Dann richtete er sich wieder auf und sah mich an.
„Entschuldige“, seufzte er.
Er schob die Hände tief in die Hosentaschen und wandte sich mir zu.
„Schon okay“, erwiderte ich.
Es blieb still, bis auf die nicht weit entfernte Musik aus der Sporthalle. Jaydens Atem war immer noch unregelmäßig und er stand da, wie ein kleiner verlorener Junge. Nicht einmal wandte er den Blick von mir ab, keine Ahnung wonach er in meinen Augen suchte, aber er schien es zu finden.
„Kannst du -“ Er atmete hörbar aus. „Kannst du mich einfach einen Moment festhalten?“
In seiner Stimme klang ein bittender, beinahe flehender Unterton mit, der mich überraschte. Es musste alles doch etwas ernster sein, als ich gedacht hatte. Schnell trat ich an Jayden heran und schlang die Arme um seine Mitte. Ich drückte das Gesicht an seine Brust und hielt ihn einfach nur fest. Er schlang einen Arm um meine Hüften und eine Hand strich über mein Haar. Er vergrub sein Gesicht in der Kuhle zwischen meinem Nacken und meiner Schulter.
„Danke“, atmete er aus und drückte mich noch enger an sich.
Ich wusste nicht wieso er so mitgenommen war und weshalb er jetzt Trost benötigte, aber ich blieb wo ich war. Mehrere Fragen brannten mir auf der Zunge, aber ich stellte sie nicht, war einfach für Jayden da, solange er mich brauchte. Für meine Fragen war später noch Zeit.
„Es tut mir Leid, so, so leid“, wisperte Jayden in mein Haar.
„Was meinst -?“
Gelächter ertönte hinter uns und das Aufkreischen eines Mädchens mit dem anschließenden Kichern. Normalerweise hätte ich es ignoriert, einfach angenommen, dass es Schüler waren die frische Luft schnappten, aber nicht bei diesem Gelächter. Ich erkannte dieses Gelächter, hatte ich es doch schon so oft gehört. Und plötzlich erstarb das Lachen und ich spürte förmlich wie sie alle hinter mir zum Stehen kamen. 
„Oh, na sie mal einer an“, höhnte die nervige Stimme von Melanie.
Seufzend ließ ich die Arme um Jayden sinken und drehte mich um. Am Rande der Wiese, auf der Jayden und ich standen, standen nun sechs weitere Personen: Emely, Nathan, Melanie, Sam, Shane und seine Freundin. Irgendwie schienen diese sechs immer beisammen zu sein.
Jedes Pärchen war passend zueinander gekleidet. Emely und Nathan in einem jadegrün, Shane und seine Freundin natürlich in rot und Melanie und Sam in dunkelblau. Das Melanie einen pinken Gürtel und pinke Schuhe dazu trug, wunderte mich keineswegs. Das pinke Pflaster auf ihrer Nase mit der ebenfalls pinken Schiene darunter jedoch schon. 
„Wie geht’s der Nase?“, fragte ich sie grinsend.
Ich war im Moment wirklich nicht gerade in der Stimmung hierfür, vor allem nicht für irgendwelche Kleinkriege oder Zickenterror. Was auch immer gerade da drinnen passiert war, es hatte Jayden mitgenommen und ich wollte wissen was los war. Melanie war die letzte die ich diesem Moment sehen wollte. Und Emely … Keine Ahnung wieso, aber ich hatte Angst tatsächlich mit ihr zu sprechen, genauso mit Nathan. Wenn ich könnte, würde ich ihnen den Rest meiner Schulzeit – wie auch bisher - aus dem Weg gehen, so feige das auch sein mochte.
Melanie funkelte mich wütend an, machte eine Art „Hmpf“-Ton und warf ihre Haare über die Schulter, nur um dabei die Nase in die Luft zu strecken.
„Pass auf das du dir nichts verrenkst“, lachte ich.
Wirklich, ich konnte einfach nicht anders, sobald sie in meiner Nähe war, sprudelten solche Sprüche einfach aus mir heraus. Nicht, dass sie sie nicht verdiente, aber ich sollte doch über so etwas stehen und mich nicht auf ihr Niveau begeben. Aber es machte einfach zu viel Spaß!
„Jetzt pass mal auf“, grollte Melanie.
„Wow, schon wieder die „Pass mal auf“ Schiene?“, fragte ich. „Ernsthaft?“
„Hat letztes Mal ja schon so gut geklappt, nicht wahr?“, fragte Jayden grinsend.
Er legte einen Arm um meine Hüften, sah Melanie an und tippte mit der anderen Hand an seine Nase.
„Du“, plusterten sich ihre Wangen auf.
Sie atmete tief und schwer ein, ihre Nasenlöcher bebten und sie sah aus wie ein wütender Stier der rot sah.
„Olé“, flüsterte Jayden in mein Ohr und ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen.
Wir dachten viel zu gleich, es war beinahe unheimlich. Jayden stimmte mit ein und so standen wir da. Lachend, während Melanie sich immer mehr in Rage atmete. Ich sah wie Emely mich studierte, ihr Gesicht dabei aber halb an Nathans Brust versteckt war. Nathan beachtete mich nicht, er hatte nur Augen für Emely und strich ihr immer wieder über den Rücken. Sam, der neben Melanie stand, wirkte äußerst amüsiert, versuchte aber anscheinend sich dies nicht anmerken zu lassen.
„Melanie, beruhige dich“, meinte Shanes Freundin und sah Melanie bittend an.
„Wieso sollte ich mich beruhigen?“, kreischte sie.
„Mel, sie -“
„Halt die Klappe, Cara“, zischte Melanie. 
Cara sah verletzt aus und ihr Gesicht fiel ein Stück. Auch Emely sah erstaunt auf Melanie.
„Schön, mach deinen Scheiß doch allein“, keifte Cara. 
Sie ergriff Shanes Hand und die beiden gingen wieder in Richtung Sporthalle. Während sie wegging murmelte sie noch 'Kindergarten' und schüttelte den Kopf. Ich gab ihr recht. Das alles hier war wie im Kindergarten!
„Melanie, sie wollte dir doch nur helfen“, meinte Emely.
Ein merkwürdiges Ziehen machte sich in mir breit. Sie sprach. Ich hatte sie gesehen, aber nicht gehört. Der Stimmbruch hatte ihre Stimme verändert, nicht sehr, aber sie war doch anders. Nicht so ein großer Unterschied wie bei den meisten Jungen, aber dennoch ein erkennbarer.
„Aber ich will ihre Hilfe nicht“, knurrte Melanie nun Emely an.
„Kein Grund Emely so anzufahren“, verteidigte Nathan seine Freundin.
„Auf einmal verteidigt er sein Mädchen“, grummelte Jayden neben mir.
„Wie war das?“, knurrte Nathan.
Gerade wollte Jayden zu einer Antwort ansetzten als Mr Kelliger zu uns gelaufen kam. Er keuchte und wischte sich mit einem Tuch den Schweiß von der Stirn. 
„Da sind sie ja“, keuchte er. „Kommen Sie, sofort.“
Fragend sah ich auf zu Jayden. Es war uns erlaubt frische Luft zu schnappen, auch in unseren Zimmern zu bleiben, wenn wir wollten, wieso also sollten wir rein gehen? Und wieso war Mr Kelliger so außer Atem.
„Weshalb?“, fragte ich.
„Die Stimmen wurden ausgezählt und gleich werden König und Königin bestimmt.“
Melanie quietschte vergnügt auf und begann zu strahlen. Natürlich. Emely und Nathan lächelten sich an und Sam, der sah mit blanker Miene in die Gegend.
„Kommen Sie.“
Die vier machten sich auf den Weg wieder hinein, Jayden und ich aber blieben wo wir waren.
„Bleiben wir noch?“, fragte ich ihn leise.
Er nickte dankbar und wir warteten bis die anderen im inneren der Schule verschwunden waren.
„Rose, kommen Sie doch bitte“, forderte Mr Kelliger.
„Wieso ich?“, fragte ich verwirrt.
„Weil Sie nominiert sind, also kommen Sie jetzt bitte“, zischte Mr Kelliger sichtlich genervt.
Melanies Welt schien aus allen Wolken zu fallen. Blitzschnell drehte sie sich um und starrte Mr Kelliger mit herunter geklappter Kinnlade an. 
„Das ist nicht ihr ernst?“, kreischte sie.
„War doch nicht anders zu erwarten“, meldete sich Sam zum ersten Mal zu Wort.
Er zwinkerte mir zu, vergrub seine Hände in den Hosentaschen und ging wieder hinein. Melanie starrte ihm schockiert nach und machte sich dann dann ihm hinterher zu kommen. Emely warf mir einen letzten Blick zu, den ich aber nicht deuten konnte und dann machten auch sie und Nathan sich auf den Weg ins Innere.
„Na dann“, seufzte Jayden.
Wieder schlang er einen Arm um meine Hüften und auch wir folgten Mr Kelliger ins Innere. Wie auch vorher tanzten die anderen Schüler, redeten und lachten. Gerade als Jayden und ich eintraten kam Mr Kelliger auf die Bühne und bat um Aufmerksamkeit.
„Guten Abend Schüler, wie ihr wisst werden jetzt Ballkönig und Königin verkündet. Da die Bühne etwas klein ist, bleiben die Nominierten bitte dort wo sie gerade stehen. Randel dort oben“ Er deutete zu einem Jungen über der Bühne, der hinter einem Scheinwerfer stand und winkte. „wird die Gewinner mit dem Scheinwerfer ausleuchten, alles klar? Gut.“
Dann suchte Mr Kelliger in den Taschen seines Anzugs nach einem Umschlag und fischte ihn heraus. Er hielt ihn grinsend hoch und öffnete ihn dann langsam. Im ersten Moment wurden seine Augen groß, aber dann lächelte er zufrieden.
„Also gut. Euer diesjähriges Königspaar besteht aus“, verkündete Mr Kelliger.
Man hörte einen leisen Trommelwirbel und Mr Kelliger wackelte aufgeregt mit den Augenbrauen, was uns alle zum lachen brachte.
„Nathan und Rose!“, rief Mr Kelliger und schmiss die Arme in die Luft.
An der Stelle, an der sich unser Lehrer wahrscheinlich tosenden Applaus erhofft hatte, traf ihn zwar Applaus, aber nur von sehr wenigen. Schließlich war der Ball nicht nur für unsere Stufe und auch nicht alle kannten die Hintergrundgeschichte. Aber alle die es wussten, sahen in die Gegend und fragten mit ihren Blicken ihre Freunde was sie machen sollten, aber keiner hatte eine Antwort.
„Ich bitte zum Tanz des Königspaars“, bat Mr Kelliger, nachdem auch der wirklich leise Applaus erstarb.
Mir großen Augen sah ich zu Jayden hoch. Er erwiderte meinen Blick mit einer gewissen Reue und sein Kiefer wirkte angespannt. Ich bildete mir sogar ein zu hören, wie er mit den Zähnen knirschte.
„Muss ich?“, fragte ich ihn kleinlaut.
Es war nicht so, dass ich etwas dagegen hatte mit Nathan zu tanzen, früher hatte ich ihn sogar angefleht mit mir zu tanzen. Aber er war kurz vor der Pubertät und zu cool um mit seiner Freundin zu tanzen. Ich flehte ihn an mit mir im Regen zu tanzen, weil ich das schon immer mal hatte machen wollen, aber egal wie sehr ich bettelte, er wollte einfach nicht nachgeben. 
Es war auch vielmehr, weil ich nicht wusste was es mit Jayden und Mike auf sich hatte. Ob sie sich darüber ärgern oder hier eine Szene machen würden. Ich hatte Angst Emely noch mehr zu verärgern und ich hatte Angst vor dem, was Nathan mir alles den Kopf werfen würde. 
„Darf ich?“
Plötzlich stand Nathan vor mir und hielt mir seine Hand hin. Eine Aufforderung zum Tanz. Er sah mir in die Augen und lächelte leicht. In seinen Augen sah ich keine Spur von Hass, nicht einmal Ärger, aber einen gewissen Schmerz und Trauer. Ich atmete tief durch als ich schließlich Nathans Hand ergriff. 
Zum ersten Mal kam mir der Gedanke, dass ich jetzt tanzen musste. Einen Paartanz vor den Augen all meiner Schulkameraden. Ich hatte noch nie mit jemand anderem getanzt, nicht ernsthaft, aus Spaß klar, aber nie zu richtiger Musik und vor den Augen anderer Leute.
„Nervös?“, fragte Nathan grinsend als er mich auf die Tanzfläche führte.
Ich erwiderte sein Grinsen.
„Das bemerkst du immer noch sofort, hmm?“
„Es ist eine Gabe“, lachte er und zuckte die Schultern.
Wir kamen schließlich in der Mitte der Tanzfläche an, um uns herum war sonst kein Tanzpaar mehr, alle standen sie am Rand und gafften uns an. Nate trat vor mich, nahm meine rechte Hand in seine Linke und hielt sie hoch. Seine rechte Hand legte er an meine Hüfte und meine linke Hand ruhte auf seiner Schulter. Zitternd atmete ich ein.
„Alles okay?“, fragte Nate mit krauser Stirn.
„Ich hab noch nie getanzt, nicht so“, gab ich zu.
Nate lachte auf und schüttelte den Kopf.
„Früher hättest du alles gegeben um mit mir zu tanzen und jetzt erfahre ich, dass du gar nicht tanzen kannst“, grinste Nate. 
„Halt die Klappe“, maulte ich eingeschnappt. „Ich wollte schon immer mal im Regen tanzen, aber ohne das mir jemand zu sieht.“
Ich begutachtete all die Augenpaare. Die auf mich und Nathan gerichtet waren. Auf das Ex-Pärchen. Es war mir unangenehm, zum Teil einfach nur weil mich so viele Leute anstarrten, aber vor allem da ich hier mit meinem Ex-Freund stand.
„Achte nicht auf die anderen“, meinte Nathan nun vollkommen ernst. „Sieh mir in die Augen. Stell dir vor wir wären wieder da. Wir sind wieder wir, nur vor fünf Jahren. Wir stehen gemeinsam draußen auf der Wiese, es riecht nach Regen. Es beginnt zu regnen und du forderst mich wieder zum Tanzen auf. Nur wir beide.“
Während er sprach ertönte Musik und er begann sich langsam zu bewegen. Keine Ahnung wie ich es beschreiben sollte, er bewegte sich einfach und führte mich dabei an meiner Hüfte mit. Es war, als würde er mich lenken und ich würde seiner Leitung einfach folgen. Die ganze Zeit über sah ich in seine Augen und erinnerte mich an die unbeschwerten Tage zurück. Zu der Zeit war noch alles so einfach gewesen, so unbeschwert. Keine Sorgen, keine Probleme. Ich hatte zwei liebende Eltern, ich hatte eine beste Freundin, der ich alles sagen konnte, einen Freund, in den ich verliebt war und war Klassenbeste. Zu der Zeit war mein Leben einfach und simpel, aber ziemlich nah an meiner Definition von Perfektion. 
Und heute, fünf Jahre später: Meine Eltern waren tot, meine frühere beste Freundin mied mich und hasste mich vielleicht, mein damaliger Freund hatte eine neue Freundin und ich war unfähig mit dem Jungen zusammen zu sein, in den ich verliebt war und war schulisch gesehen ein Außenseiter, da die neue Schulkönigin mich hasste. Alles in allem ein ziemliches Drama.
„Woran denkst du?“, fragte Nate.
Aber anstatt ihm zu sagen, dass ich über mein Leben nachdachte und wie es sich so sehr und so schnell verändert hatte, sprudelte aus mir die eine Frage heraus, die seit Tagen auf meiner Zunge brannte.
„Hasst du mich?“
„Was?“, fragte er aus der Bahn geworfen und sah mich mit großen Augen an.
„Ob du mich hasst?“, wiederholte ich klein laut.
Eigentlich war ich mir ziemlich sicher das er es tat, genauso wie Emely, und sie beide hatten jedes recht mich zu hassen. Dennoch wollte ich sicher gehen, ich brauchte Klarheit und ich wollte wissen, ob es auch eine Chance gab, diesen Hass wieder irgendwie zu mildern.
„Wieso denkst du ich würde dich hassen? Haben dir Jayden oder Mike -“
„Nein, nein“, schüttelte ich schnell den Kopf. „Keiner der beiden spricht über dich, ich weiß nicht wieso, aber irgend etwas scheint zwischen euch vorgefallen zu sein. Aber darum geht’s mir jetzt nicht. Ich will nur wissen, wie es zwischen uns steht, ob du mich hasst. Denn wenn, dann könnte ich das verstehen, wirklich. Aber ich möchte es wissen und ich möchte wissen ob irgendeine Chance für uns besteht. Nein, nicht so, ich weiß du bist jetzt mit Emely zusammen, aber ob wir irgendwann wieder miteinander reden können, vielleicht sogar Freunde werden können.“
Ich atmete tief durch als ich meine Rede beendet hatte und wich Nathans Blick aus. Er sprach nicht, aber plötzlich wurde sein Griff um einiges stärker. Seine Finger drückten meine Hüfte mehr als zuvor, hielten mich an Ort und Stelle. Und seine Hand an meiner drückte fest zu, noch nicht unangenehm, aber bemerkbar, also sah ich wieder zu ihm auf. 
Nathan sah mich eine ganze Weile einfach nur an, als könne er nicht ganz verstehen was ich gesagt hatte, als müsse er es erst einmal begreifen. Und noch während er überlegte, endete unser Tanz. Wir blieben stehen, sahen uns weiterhin tief in die Augen und um uns herum applaudierte die Masse. Nathan ließ seine Hand in meiner, und hielt mich weiterhin an sich gepresst. 
Der Applaus um uns herum erstarb, aber wir blieben eng aneinander gepresst einfach stehen, sahen uns in die Augen und ich wartete auf irgendeine Art von Antwort.
Plötzlich atmete Nathan zischend aus, so, als hätte er die letzten Sekunden die Luft angehalten und sie jetzt in einem Schwall wieder frei gelassen. Dann schüttelte er den Kopf. Seine Hände umklammerten plötzlich mein Gesicht und seine Nasenspitze berührte beinahe meine.
„Ich könnte dich niemals hassen“, wisperte er.
Dann küsste Nathan meine Stirn und verharrte einen Augenblick länger, als erwartet. Ohne mir einen weiteren Blick zuzuwerfen stolzierte er mit langen Schritten davon, in die entgegen gesetzte Richtung von seiner Freundin, Emely. 

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